Hypothesen aufstellen

Der Begriff „Hypothese“ beschreibt eine wissenschaftlich überprüfbare Vermutung, beispielsweise „In Ostösterreich ist der Anteil männlicher Lehrlinge höher als in Westösterreich“ (vgl. Karte „Lehrberufe – gleiche Chancen für Frauen und Männer?“). Zu Hypothesen werden Untersuchungen mit verschiedensten Forschungsmethoden angestellt. Abschließend musst du die Ergebnisse deiner Forschung interpretieren und erläutern, ob sie mit deinen Hypothesen in Einklang sind oder nicht. Bei der Formulierung von Hypothesen gibt es jedoch einiges zu beachten.

Crashkurs Hypothesen

Satzaufbau

Eine Hypothese ist ein klarer und präziser Aussagesatz. Er muss dabei so formuliert sein, dass seine inhaltliche Aussage am Ende der Forschungsarbeit entweder eindeutig bestätigt („verifiziert“) oder abgelehnt („falsifiziert“) werden kann. Vermeide daher in der Hypothese Wörter und Phrasen, welche dieses eindeutige Verifizieren oder Falsifizieren erschweren (z.B. „eher gut“, „relativ schlecht“, „vielleicht“, „vermutlich“, etc.).

Merkmale

Die Auswahl und Definition der Merkmale in der Hypothese solltest du dir gut überlegen. Dadurch werden der Rahmen deiner Forschungsarbeit festgelegt und auch die Ergebnisse beeinflusst. In der Beispielhypothese oben steht das Merkmal „Anteil männlicher Lehrlinge“ im Mittelpunkt. Es ist dabei wesentlich, wie dieser Anteil festgestellt wird (z.B. über Daten der Statistik Austria, über eine eigene Erhebung, etc.). Unterschiedliche Erhebungsmethoden zu dem Merkmal werden eventuell auch zu verschiedenen Forschungsergebnissen führen. Es ist bei (d)einer Forschung also wichtig, die Merkmale vorab so genau wie möglich festzulegen und dir auch schon Gedanken über ihre Messung zu machen.

Arten von Hypothesen

Je nachdem, in welchem thematischen Zusammenhang Hypothesen aufgestellt werden, gibt es Unterscheidungen zwischen Arten von Hypothesen.

Bei Zusammenhangshypothesen werden direkte Zusammenhänge zwischen zumeist zwei Merkmalen untersucht (z.B. „Der Anteil weiblicher Lehrlinge in MINT-Berufen ist geringer als in anderen Berufen.“).

Die Unterschiedshypothese stellt einen Vergleich zwischen denselben Merkmalen unterschiedlicher Gruppen an (z.B. „Der Anteil männlicher Lehrlinge ist in Ostösterreich höher als in Westösterreich.“).

In der Veränderungshypothese ist eine Vermutung zur zeitlichen Änderung eines Merkmals formuliert (z.B. „Der Anteil männlicher Lehrlinge in Österreich ist zwischen 2005 und 2015 zurückgegangen.“).

Durch die Überprüfung der Einzelfallhypothese werden keine Verallgemeinerungen angestellt, sondern lediglich Vermutungen zu einem konkreten Fall untersucht (z.B. „Der Betrieb XYZ hat bei seinen Lehrlingen einen Frauenanteil von mehr als 50 Prozent.“).

Nullhypothese und Alternativhypothese

Für eine wissenschaftliche Arbeit werden für jeden vermuteten Zusammenhang in einem Sachverhalt immer zwei Hypothesen aufgestellt.

Die Nullhypothese ist so formuliert, dass ein Zusammenhang zwischen den Merkmalen ausgeschlossen wird.

Die Alternativhypothese hingegen stellt einen klaren Zusammenhang zwischen den Merkmalen her.

Im Allgemeinen wird durch Untersuchungen und Forschungen überprüft, ob die Nullhypothese eindeutig statistisch verworfen („falsifiziert“) werden kann. In diesem Fall wird dann die Alternativhypothese als richtig angenommen. Nur falls die Nullhypothese nicht eindeutig falsifiziert wird, kann auch die Alternativhypothese auf ihre Richtigkeit untersucht werden.

Literatur

  • vorwissenschaftlichearbeit.info/vwa-lexikon/hypothese Im VWA-Lexikon werden unterschiedlichste Begrifflichkeiten, welche für die VWA relevant sein können, kurz erklärt. Außerdem gibt es Links zu weiterführenden Internetseiten.
  • Berger-Grabner D. (2016): Wissenschaftliches Arbeiten in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
    Das Buch hilft bei der Erstellung von wissenschaftlichen Arbeiten, angefangen bei der Abgrenzung zwischen wissenschaftlicher und unwissenschaftlicher Literatur, über die Erklärung von verschiedensten Forschungsmethoden bis hin zur Beurteilung und Weiterverwendung der Arbeit.

 

Beitrag: Matthias Fasching, Herbert Pichler